Talmaciu

Trumuhr ohne Zeiger – ist die Zeit stehen geblieben?

Talmaciu liegt südöstlich von Hermannstadt. Früher wohnten hier viele  Siebenbürger Sachsen. Seit sie zu Beginn der 1990-er Jahre fast alle weggezogen sind, hat sich der Ort spürbar verändert. Zwar prägt die Kirche der evangelisch-lutherischen Gemeinde immer noch das Ortsbild. Sie ist äußerlich auch gut instand gehalten. Doch an der Uhr fehlen die Zeiger – hier ist die Zeit irgendwie stehen geblieben. Gottesdienste finden kaum noch statt.
Und doch gibt es hier eine aktive christliche Gemeinde.  Zu der evangelischen Brüdergemeinde gehören etwa achtzig Familien. Sie haben keinen Pfarrer. Ein Brüderrat leitet die Gemeinde. Dieser ist auch für die Gottesdienste und Bibelstunden zuständig und organisiert das Gemeindeleben.

Iacob und Cristina Contiu (Mitte) mit Besuch aus Deutschland

Die Gemeinde trifft sich in einem eigenen Gemeindezentrum. Ein Gottesdienstraum mit einem Becken für die Großtaufe, eine Küche und mehrere Veranstaltungsräume gehören dazu. All das zeugt von einem aktiven Gemeindeleben.

Zur Gemeinde gehört auch ein größeres Gebäude mit einer Bibelschule. Sie dient als Freizeit- und Konferenzzentrum für die im Land weit verstreuten Gemeinden. Die Hauseltern heißen Iacob und Cristina Contiu. Sie nehmen die Hilfsgüter von uns in Empfang und organisieren deren Verteilung. In ihren Händen liegt auch das Sommercamp, das fünf Wochen lang für Kinder, Jugendliche, Junge Erwachsene und Familien Freizeiten anbietet. Hier kommen junge Menschen zum Glauben, andere werden gestärkt und ermutigt. Eine Sache, die wir gerne unterstützen.

Jedes Jahr im September kommt für eine Woche eine Gruppe von Ärzten aus Schottland nach Talmaciu und bietet kostenlos ärztliche Hilfe an. Wir schicken Brillen, Pflegehilfsmittel, Pflegebetten, Rollatoren und Rollstühle, Inkontinenzmaterial, und vieles andere, was die Ärzte ihren Patienten vor Ort Hilfreiches weitergeben können. Ein großer Segen für alle, die in den Genuss dieser Hilfe kommen.

Elena und Bela Iach mit Pfr. Siegfried Schanz (links)

Elena und Bela Iach sind wundervolle Gastgeber. Sie lachen gern und erzählen von ihren Kindern, die in Deutschland studieren und eines Tages in die Mission gehen wollen. Bela spielt in den Gottesdiensten der Gemeinde das Harmonium. Jeden Sonntag hält er eine Bibelstunde und macht mit seiner Frau Besuche im Altenheim. Seine Schwiegermutter verwaltet für die Rumänienhilfe das Geld für 29 Patenkinder.

Ein Fall sticht besonders heraus: ein geistig behinderter junger Mann, der nicht spricht und hyperaktiv ist. Er braucht ständig Fürsorge und Aufsicht. Der Vater geht arbeiten, aber die Mutter muss immer für den Jungen da sein. Auch der jüngere Bruder wird in die Betreuung eingebunden. Wie anstrengend muss das sein, den ganzen Tag – wirklich Tag und Nacht – diesen behinderten Jungen um sich zu haben.
Wir erfahren im Gespräch mit den Eltern, dass es vierzig behinderte Menschen in Talmaciu gibt, aber keine Einrichtung, die sie aufnimmt oder fördert oder Beschäftigung anbietet.
Diakonische und soziale Arbeit mit behinderten Menschen steckt in Rumänien noch ganz in den Kinderschuhen. Das sollte sich dringend und bald ändern.